Longierst Du Dein Pferd richtig?
Ein Beitrag von Babette Teschen
Das Longieren gehört für die meisten von uns zum Pferdetraining dazu. Die wenigsten machen sich allerdings große Gedanken darüber, nach dem Motto:„Longieren kann doch jeder!“ Tatsächlich aber stellt das Laufen auf einer Kreislinie ein Pferd vor eine große Herausforderung, die es allein kaum gut lösen kann.
Es ist unsere Aufgabe unseren Pferden eine gesunde Laufmanier zu vermitteln und dabei müssen wir genauso viel lernen, wie unser Pferd. Übrigens, hier kommst Du zum neuen Onlinekurs zum Thema Longieren mit Babette Teschen.
INHALT
Die Herausforderung heißt „Kreis“
Um zu verstehen, warum wir einem Pferd das Laufen auf dem Kreis erst systematisch beibringen müssen, brauchen wir nur einen Blick auf freilaufende Pferde zu werfen. Ein Pferd, das ohne Unterstützung auf einer gebogenen Linie läuft, macht das in naturgegebener Manier: Es legt sich wie ein Motorrad in die Kurve und gerät so oft erheblich in Schieflage, wie wir es hier gut bei den freilaufenden Pferden hier sehen können:
Foto: Tania Konnerth
Ganz klar: In der Natur muss ein Pferd nicht gymnastizierend wertvoll auf einer Kurvenlinie gehen, sondern da ist entscheidend, einer potentiellen Gefahr wie z.B. einem Raubtier möglichst schnell zu entkommen und es dabei auch noch im Auge zu behalten. Das Pferd benutzt seinen Hals dabei als Balance-Stange und stellt sich damit mehr oder weniger stark gegen die Bewegungsrichtung.
Da ein Pferd in der Natur nicht dauerhaft Kreise läuft und auch kein Reitergewicht seinen Rücken belastet, bedeutet dieses natürliche, aber nicht gerade gelenkschonende Bewegungsmuster kein Problem für die Gesundheit des Pferdes. Wollen wir aber ein Pferd in einem Dressurviereck über das Reiten von Zirkeln und Volten gymnastizieren oder an der Longe Kraft, Kondition und Muskulatur antrainieren, muss es uns gelingen, dem Pferd eine bessere, schonendere und gesündere Laufmanier auf dem Kreis zu vermitteln. Hier steht Ihr die Stute Moonlight, die sich durch die Arbeit nach dem Longenkurs unter dem Sattel sehr positiv verändert hat, links vor der Arbeit nach dem Longekurs, rechts danach:
Foto: Tania Konnerth
Eine Kreisbahn in schlechter Bewegungsmanier ist schädlich für das Pferd!
Ungeschult läuft ein Pferd ohne Biegung auf der Kreislinie und fällt auf die innere Schulter. Die Hinterhand tritt nicht spurig, sondern am Pferdekörper vorbei und kann somit keine Last aufnehmen. Die Folge ist, dass das Pferd den Rücken nicht aufwölbt, sondern mit nach unten gedrückten Rücken stark auf der Vorhand geht und das gefährdet seine Gesundheit. Das allein wäre schon schädlich genug, aber auf der Kreislinie wirken noch zusätzlich Kräfte, vor allem in höherem Tempo (Zentrifugalkraft, Fliehkräfte und Scherkräfte).
Schauen wir uns die natürliche Laufmanier auf einer Kreislinie noch etwas genauer an und zwar bei der Stute Inka:
Foto: Tania Konnerth
Der blaue Pfeil zeigt, dass Inka nach außen schaut. Damit ein Pferd sich korrekt biegen kann, muss es eine Innenstellung im Genick einnehmen. Solange ein Pferd in Außenstellung läuft, ist eine Innenbiegung nicht zu erreichen – Du kennst sicherlich den Spruch „Ohne Stellung, keine Biegung“.
Der rote Pfeil zeigt, dass Inka stark nach innen kippt. Die innere Schulter kommt viel tiefer als die äußere. Ein Pferd, welches so auf die innere Schulter fällt, kann mit dieser nicht raumgreifend vortreten, da das ganze Gewicht auf ihr lastet. Durch diese verkürzte Vorhandbewegung wird auch die Hinterhand im vortreten gehemmt. Die Folge sind verkürzte und harte, so genannte gebundene Gänge. Nur ein Pferd, welches sich auf der Kreislinie in der Schulter aufrichtet, gewinnt Schulterfreiheit, wodurch dann überhaupt erst die Hinterhand aktiv unter den Schwerpunkt treten kann und die Gänge raumgreifend und weich, also ungebunden werden können.
Der grüne Pfeil zeigt die Lotlinie an. Wie Du sehen kannst, verlaufen die Beine von Inka stark schräg zur Lotlinie. Läuft ein Pferd in dieser Schräglage, können die Hufe nicht gerade auffußen und die Gelenkflächen werden nicht gleichmässig belastet. Inka wird als nächstes mit dem rechten Vorderbein auffußen. Dabei wird erst die Außenkante des Hufes auftreten um dann auf den Huf zu kippen. Damit ein Pferd gesunderhaltend laufen kann und es zu keiner Überlastung von Gelenken, Sehnen und Bändern kommt, muss der Huf aber möglichst gerade auffußen, die Beine möglichst gerade unter dem Pferd stehen.
Die pinkfarbigen Pfeile zeigen, dass die Hufspitzen von Inka nach vorne und dabei sogar leicht nach außen weisen. Da Inka aber nach dem Auffußen nach rechts abwenden muss, muss sie über das am Boden stehende Bein drehen. Dafür sind die Gelenke des Beines aber nicht ausgelegt. Diese hier einwirkenden Rotationskräfte überlasten die Gelenke, Sehnen und Bänder stark und können diese schädigen.
Gute Longenarbeit zeigt dem Pferd, wie es die Kreislinie gesunderhaltend bewältigen kann
Damit ein Pferd die Kreislinie in einer gesundheitsfördernden Weise meistern kann, muss es lernen, wie es sich korrekt stellen, biegen und die innere Schulter anheben kann und mit der Hinterhand aktiv laufen, damit es wie eine Eisenbahn auf Schienen auf einem Kreis läuft. Erst dann kann die Hinterhand Last aufnehmen und der Rücken zum hochschwingen kommen. Diese gute Laufmanier ist eine ganz wesentliche Voraussetzung dafür, dass das Pferd die nötigen Muskeln dafür entwickelt, einen Reiter tragen zu können – das gilt für Jungpferde genauso wie für erwachsene Tiere.
Auf dem folgenden Bild ein Pferd, welches sich in guter Manier an der Longe bewegt.
Foto: Tania Konnerth
Schauen wir auch hier noch einmal genauer hin: Bei einer guten Laufmanier auf einer gebogenen Linie ist die innere Schulter angehoben, die Hinterhand ist aktiv und der Rücken aufgewölbt. Wenn Sie bei einem Pferd, welches sich aufgerichtet und gebogen auf einer Kreisbahn bewegt, die obigen Linien in ein Foto einzeichnen, sollten die Linien so verlaufen:
Die blaue Linie zeigt, dass Pepe nicht nach außen, sondern auf die Kreislinie vor sich schaut. Er stellt sich also korrekt in die Bewegungsrichtung.
Die rote Linie fällt nicht nach innen-unten ab. Er befindet sich in einer guten Schulterbalance.
Die Beine laufen annähernd parallel zur grünen Lotlinie.
Pepe kommt dadurch zum planen Auffußen und muss seine Gelenke werden gleichmässig belastet. Die Hufe sind in die Bewegungsrichtung ausgerichtet, da er seinen Brustkorb in die Bewegungsrichtung nimmt.
Gut zu erkennen ist, dass Pepe sich im Körper biegt. Das Hinterbein kann gut unter den Schwerpunkt treten und Last aufnehmen.
In kleinen Schritten zum Ziel
Die Bewältigung der Kreislinie ist für jedes Pferd ein fundamentaler Baustein in der Ausbildung: Es muss lernen, aufgerichtet, gebogen, in einer guten Balance und Selbsthaltung und mit aktiver Hinterhand auf einer Kreislinie zu laufen. Dem Pferd das zunächst ohne Reitergewicht und ohne Zwang z.B. durch Hilfszügel kleinschrittig zu erklären, ist die Aufgabe jedes verantwortungsvollen Pferdebesitzers und Trainers und sollte die Basis für den weiteren Ausbildungsweg zum verlässlichen, gesunden Reitpferd bilden.
Gute Longenarbeit entwickelt sich aus der Führarbeit. Im Führtraining können wir dem Pferd die Hilfen erklären, die wir dann später an der Longe aus einer größeren Distanz heraus geben.
Das Longieren beginnt also immer dicht am Pferd und nicht, indem wir es gleich mehrere Meter von uns entfernt laufen lassen. Um dem Pferd die Hilfen von Beginn an leicht verständlich zu machen, hat sich ein gut passender und weich gepolsterter Kappzaum mit Naseneisen als Ausrüstung am besten bewährt. Das Pferd muss nämlich zunächst verstehen, sich auf leichte Paraden an der Longe im Genick stellen zu lassen und genau das lässt sich mit einem Kappzaum sehr gut vermitteln. Hierfür ist das Führen in Stellung eine Schlüssellektion.
Ein weiterer, wichtiger Bestandteil der vorbereitenden Longenarbeit ist das Erarbeiten der Seitengänge am Boden. Ein Pferd wird erst in guter Manier an der Longe laufen, wenn es sich auf dem Zirkel biegt. Damit ein Pferd sich überhaupt biegen kann, benötigt es eine geschmeidige, losgelassene Muskulatur, die an der Hand erarbeitet werden kann.
Damit das Tempo an der Longe, wie oft zu sehen, nicht gleich zu hoch wird und dann zu massiven Balanceverlusten führt, beginnen wir mit behutsamen Schritt-Trab-Wechsel, dem Pferd die korrekte Haltung auch im Trab zu vermitteln. Auch hier arbeiten wir zunächst dicht am Pferd und haben die Hand auf dem Naseneisen des Kappzaums, um, wenn nötig, sanft korrigierend einwirken zu können. Erst wenn das Pferd eine Vorstellung davon hat, wie es auch bei einer höheren Geschwindigkeit das Gleichgewicht halten kann, können wir beginnen, gezielt am Tempo und an der Schwungentwicklung zu arbeiten. Gutes Longentraining legt das körperliche und auch psychische Fundament für eine stabile und vertrauensvolle Beziehung von Mensch und Pferd.
Dabei gilt es das psychische Wohlbefinden des Pferdes nie aus den Augen zu verlieren. Für mich ist die Arbeit an der Longe auch immer Beziehungs-und Kommunikationsarbeit mit dem Pferd und soll allen Beteiligten Spaß machen. Das zu vermitteln ist meine Berufung und ich würde mich freuen, wenn wir uns vielleicht auf einem meiner Praxiskurse bei Andrea und Markus Eschbach kennenlernen
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